
ÖKOLOGIE

DIE
ÖKOLOGIE

Die Erhöhung der Biodiversität im Agrarraum ist eines der Kernanliegen der Arbeit der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt. Die Integration biodiversitätsfördernder Blühstreifen und Elemente in das Agri4Power-Landnutzungskonzept kann durch das Angebot an zusätzlichen Nahrungshabitaten und vernetzenden Strukturen dazu beizutragen.
Im Agri4Power–Konzept werden die Konfliktfelder Artensterben und Verlust der Agrarbiodiversität aufgegriffen. Im Mittelpunkt des Konzeptes steht die Beibehaltung der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion auf einem Großteil der Fläche.
Die Beantwortung folgender Fragestellungen steht im Mittelpunkt des Teilvorhabens Ökologie.
NATURSCHUTZFACHLICHE-ÖKOLOGISCHE ANFORDERUNGEN
MINDESTBREITE DER BLÜHSTREIFEN
ERWARTUNGEN DER LANDWIRTINNEN AN DAS AGRI4POWER-LANDNUTZUNGSKONZEPT



Abbildung: Vom Nahrungsangebot und den Strukturen der Blühstreifen profitieren neben Insekten und Vögeln auch Kleinsäuger und Niederwild (Fotos: E. Greiner)
BEDINGUNGEN
Anforderungen an die Zusammenstellung der Blühstreifen zur
Sicherstellung des technischen Betriebs der Solaranlagen
Blühstreifen, die unter den Bedingungen des Betriebs vertikal aufgeständerter, bifacialer Solaranlagen im Agri4Power-Konzept angelegt werden sollen, müssen den technischen Anforderungen für einen optimalen Betrieb genügen. Da die Gestelle der Solarmodule zumeist zwischen 60 bis 80 cm über dem Boden beginnen, wurden Pflanzenarten gewählt, deren maximale Wuchshöhe auf ca. 70 cm beschränkt ist.
Desweiteren war zu beachten, dass mehrjährige Pflanzenarten zu verwenden sind, da Blühstreifen über mehrere Standjahre ein dauerhaftes Blütenangebot sowie permanente Strukturen anbieten sollten. Daher wurden Wildarten für die Blühstreifen zusammengestellt, die an die heimische Bestäuberfauna angepasst sind, eine gute Bestandsstabilität aufweisen sowie einen möglichst geringen Pflegeaufwand erfordern. Zudem war eine Auswahl zu treffen, die eine standortgerechte Anpassung der Blühmischungen ermöglicht. Um negative Wechselwirkungen mit den angrenzenden Kulturen zu vermeiden, wurden keine, aus landwirtschaftlicher Sicht, kritischen Ackerwildkräuter ausgewählt.

Abbildung: Blühstreifen am Ackerrand Neben zahlreichen Pollen- und Nektarquellen stellen sie auch strukturierte Rückzugsorte für die Fauna der Agrarlandschaft zur Verfügung

Abbildung: Schematische Darstellung der integrierten Blühstreifen
Naturschutzfachlich-ökologische Anforderungen an die Blühstreifen zur Sicherstellung größtmöglicher positiver Effekte auf die Biodiversität im Agrarraum
Die Wahl der in der Blühmischung enthaltenen Pflanzenarten erfolgte vor allem hinsichtlich bekannter Bestäuberinsekten bzw. der Nutzung der Pflanzenarten als Nektar- und Pollenquelle oder als Raupenfutterpflanze. Dabei wurde berücksichtigt, dass eine Vielzahl an Insekten sehr spezialisiert ist und nur wenige Pflanzenarten als Nahrungsgrundlage nutzen kann (z. B. oligolektische Wildbienen, oligophage Schmetterlinge). Daneben wurde vor allem aber auch solche Pflanzen ausgewählt, die für weniger spezialisierte Insekten (polylektische bzw. polyphage Arten) eine besondere Bedeutung haben. Die potentielle Pflanzenauswahl stellt damit ein großes Angebot an Nektar-, Pollen- und Futterpflanzen für „wichtige“ Insektenordnungen bereit, wie es in der nebenstehenden Abbildung dargestellt wird.
Aus der nebenstehenden Abbildung geht hervor, dass ein Großteil der in der Blühmischung enthaltenen Pflanzenarten durch Hautflügler (wie Wildbienen, Hummeln und Wespen) und Zweiflügler (wie Fliegen, Schwebfliegen und Hummelschweber) als Nektar- und/ oder Pollenquelle genutzt werden kann. Ca. drei Viertel sind Futterpflanzen für Schmetterlingsraupen und mehr als die Hälfte der Pflanzenarten stellen Nektar für ausgewachsene Schmetterlinge zur Verfügung. Auch für Käferarten sind geeignete Pflanzen enthalten.
Förderung der Biodiversität im Umfeld der Anlagen
Im Umfeld der Solarmodulreihen sollen neben den Blühstreifen weitere Strukturelemente (z. B. Sandstreifen, Lesesteinhaufen, Totholzhaufen, Sandaufschüttungen als Beetle Banks) etabliert werden, den Bereich der Anlage ökologisch aufwerten und in die umgebende Agrarlandschaft ausstrahlen. Auch die Pflanzung von Hecken aus Nährgehölzen für verschiedene Tierarten des Agrarraums als Abgrenzung der Anlage würde zusätzliche wertvolle Biotopstrukturen schaffen. So stehen nahe beieinander wichtige Nahrungs-, Rückzugs- und Überwinterungshabitate für Bewohner des Agrarraumes zur Verfügung.

Abbildung: Anzahl der durch die aufgeführten Insektenordnungen nutzbaren Pflanzenarten der Agri4Power-Gesamtblühmischung

Abbildung: Männchen der Wiesenschafstelze – als Bewohner von Wiesen und Feldern profitiert diese Art vom zusätzlichen Nahrungsangebot der Blühstreifen (Foto: E. Greiner)

Zusammenstellung von geeigneten Saatgutmischungen für die Anlage unter bifacialen Solarmodulen
Aus der Gesamtliste der in Frage kommenden Pflanzenarten können Mischungen selektiert werden, die eine Auswahl von 20-30 Arten aus der Gesamtartenliste darstellen und abgestimmt auf die konkreten Bodenverhältnisse am Anlagenstandort zum Einsatz kommen sollen. Dabei werden die Ansprüche der in der Blühmischung enthaltenen Arten mit den Gegebenheiten vor Ort abgeglichen. Die Kenntnis der Blütenzeiträume erlaubt zudem die Zusammenstellung einer Mischung mit langanhaltendem Blütenangebot wie es beispielhaft für eine Auswahl von Pflanzenarten für trockene Standorte in der folgenden Abb. 6 dargestellt ist.
Durch die standortangepasste Zusammenstellung der Blühmischungen können ein möglichst großes Angebot an Nektar-, Pollen und Futterpflanzen etabliert und lange Standzeiten sowohl als Nahrungs- als auch Rückzugshabitat sichergestellt werden.

Abbildung: Anzahl der in den Monaten blühenden Pflanzenarten der Agri4Power-Blühmischung, „Auswahl trocken“
MINDESTBREITE DER BLÜHSTREIFEN
Bestimmung der Mindestbreite der Blühstreifen zur Sicherung der ökologischen Wirksamkeit
In den Förderprogrammen der Bundesländer werden Breiten in einer Spanne von 3-10 m für Blühstreifen festgesetzt, die Fachliteratur nennt Mindestbreiten von 6m. Für die Festlegung der Mindestbreite ist insbesondere die mögliche Beeinträchtigung der Blühstreifen im Zuge der landwirtschaftlichen Bearbeitung benachbarter Produktionsflächen von Bedeutung und zu berücksichtigen.
Um die ökologische Wirksamkeit der Blühstreifen im Rahmen des Agri4Power–Konzeptes zu gewährleisten, wurde eine Mindestbreite von 6 m empfohlen. Auch in der Variante 1 ergibt sich die Gesamtbreite von 6 m für die Blühstreifen, in den anderen betrachteten Nutzungsvarianten 2 und 4 erreichen die Blühstreifen sogar deutlich höhere Breiten (Die Varianten werden in Abb. 9 vorgestellt). Die ökologische Wirksamkeit der Blühstreifen resultiert aber auch aus ihrem Anteil an der Gesamtfläche.
Für das Agri4Power-Konzept sind ca. 20% der Ackerfläche für Blühstreifen und weitere Strukturelemente vorgesehen, das hieße 2.000 Quadratmeter pro Hektar. Damit werden zusätzliche Nahrungs- und Überwinterungshabitate in einem wirksamen Umfang zur Verfügung gestellt. Um die ökologische Wirksamkeit der Blühstreifen über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten, werden sie alle 5 Jahre rotierend neu angelegt, zwischenzeitlich je nach Bedarf gemulcht.

Abbildung: Blühstreifen sind auch wichtige Verbindungsachsen zwischen naturschutzfachlichen wertvollen Biotopen (Foto: Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt)
Recherche und Bewertung der vom Berufsstand erwarteten Effekte der
geplanten Landnutzungskonzepte auf die Landwirtschaftsflächen
Die Agri4Power-Idee kann nur gemeinsam mit der Landwirtschaft gelingen. Dazu braucht es eine hohe Flexibilität und Bereitschaft im Berufsstand, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Daher wurde eine von der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt initiierte Online-Befragung unter Landwirt*innen durchgeführt, um die Erwartungen des Berufsstandes an das innovative Landnutzungskonzept zu ermitteln. In der Befragung wurden die Kernpunkte der Idee in Form einer Mehrfachnutzung der Ackerflächen für die Erzeugung erneuerbarer Energien als Beitrag zum Klimaschutz bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Produktion sowie die Integration von Blühstreifen als festen Bestandteil des Konzeptes für die Förderung der Biodiversität zur Diskussion gestellt. Die Anregungen des Berufsstandes flossen in die Geschäftsmodellentwicklung des Agri4Power-Konzeptes ein, um praxisnahe und nachhaltige Landnutzungskonzepte mit hoher Akzeptanz im Berufsstand zu verankern und voranzubringen. An der Befragung nahmen Landwirt*innen teil, die ein breites Spektrum des Berufsstandes hinsichtlich Betriebsgrößen, Betriebsart und der Bewirtschaftungsart abbilden.
In der unten stehenden Abbildung wird die Akzeptanz des Berufsstandes zur Agriphotovoltaik und insbesondere dem Agri4Power-Konzept betrachtet. Es zeigte sich, dass Agriphotovoltaik eine große Zustimmung erfährt und insbesondere der innovative Ansatz im Agri4Power-Konzept durch ca. 80% der Befragten befürwortet wurde.
In der Online-Befragung wurden u. a. Präferenzen für einzelne Gestaltungsvarianten des Agri4Power-Konzeptes ermittelt. Die nachfolgende Abbildung stellt die Varianten vor und zeigt das Abstimmungsergebnis des Berufsstandes. Die Ergebnisse der Umfrage zeigten, dass die Variante 1 mit je 3 m breiten mehrjährigen Blühstreifen auf beiden Seiten der Solarmodulreihen am stärksten präferiert wurde. Sie ermöglicht eine Mehrfachnutzung der Ackerflächen, integriert Photovoltaik aber auch Blühstreifen.
Die Variante 4 mit wechselnden mehrjährigen Blühstreifen zwischen den Solarmodulreihen und verschiedenen Kulturen ermöglicht neben dem integrativen Ansatz auch eine stärkere Anbau- und Kulturdiversifizierung und würde weitere Strukturen, aber auch größere Änderungen in der Landbewirtschaftung nach sich ziehen. Eine Umsetzung dieser Variante könnten sich 40% der Befragten vorstellen. Die Anlage von Blühstreifen zwischen zwei Reihen von Solarmodulen (Variante 2) präferierten mehr als ein Drittel der Befragten.
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Durch eine verminderte Winderosion, verstärkte Taubildung zwischen den Modulen sowie deren Schattenwirkung mit Schutz vor massiver Sonneneinstrahlung wird erwartet, dass sich auf den landwirtschaftlichen Flächen durch Solaranlagen nach dem Agri4Power-Konzept Ertragssteigerungen erreichen ließen. Erste Versuche auf Grünländern untermauern diese Vermutung. Weit über 90% der Befragten würden dem Agri4Power-Konzept zustimmen, wenn sich dadurch nachweislich eine zusätzliche Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge erzielen ließe.
Das Agri4Power-Konzept strebt eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten an. Gefragt nach den größten Vorteilen des Agri4Power-Konzeptes werden vor allem der geringe Flächenverbrauch, die Möglichkeit, Grenzertragsstandorte aufzuwerten und die zusätzliche Einnahmequelle durch die Photovoltaik genannt. Die nachfolgende Abbildung stellt die Umfrageergebnisse zusammen.
Es wurden jedoch auch Bedenken geäußert. So befürchten die Landwirt*innen Probleme bei der Fortführung der Flächennutzung, äußerten Vorbehalte wegen der Veränderung des Pachtniveaus und der Sicherung des Ackerstatus der Flächen. Einige sehen das Risiko einer Beschädigung der Solarmodule durch Vandalismus bzw. unbeabsichtigt durch die ackerbauliche Bewirtschaftung
Auf die Frage, welche „Naturschutzelemente“ sich die Landwirt*innen bei der Umsetzung des Agri4Power-Konzeptes als obligaten Bestandteil vorstellen könnten, zeigte sich eine große Bereitschaft des Berufsstandes zu unterschiedlichen Maßnahmen wie die oben stehende Abbildung zeigt.
Als zentraler Diskussionspunkt zur Agriphotovoltaik erweist sich die Frage nach der Beteiligung an den Erlösen der Anlagen. Die folgende Abb. 13 zeigt die Sicht der befragten Landwirt*innen.


Abbildung: Vorstellung der Agri4Power-Nutzungsvarianten und Abstimmungsergebnis aus der Onlineumfrage

Abbildung: Akzeptanz von Agriphotovoltaik im Berufsstand
Abbildung: Vom Berufsstand erwartete Vorteile des Agri4Power-Konzeptes


Abbildung: Diese „Naturschutzelemente“ würden Landwirt*innen im Rahmen des Agri4Power-Konzeptes anlegen
Abbildung: Vom Berufsstand befürchtete Nachteile des Agri4Power-Konzeptes
Abbildung: Bedeutung einer Beteiligung an den Erlösen
